Alkoholisiert hinterm Lkw-Steuer
Antje Efkes & Team | 11. Juni 2019

Alkoholisiert hinterm Lkw-Steuer

Vielleicht haben Sie es im Radio gehört: Im Januar und Februar 2019 hat die Polizei in Hessen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bei Großkontrollen gezielt Lkw-Fahrer auf Alkoholkonsum überprüft – und zwar auf Raststätten bewusst an einem Sonntagabend kurz vor Ende des Fahrverbotes. In Hessen haben 250 Polizisten insgesamt 1.200 Lkw-Fahrer auf Parkplätzen entlang der Autobahnen kontrolliert. Das Ergebnis: 190 Fahrer hatten Alkohol getrunken. 79 Berufskraftfahrer so viel, dass sie nicht weiterfahren durften. Ein Lkw-Fahrer hatte einen Atemalkoholwert von 2,6 Promille. Ein Fahrer eines Lkw mit Salpetersäure hatte 1,6 Promille, obwohl bei Gefahrguttransportern die 0,0 Promille-Grenze gilt. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg haben die Ordnungshüter 1.006 Lkw-Fahrer kontrolliert. 128 von ihnen waren alkoholisiert. Den Rekordwert lieferte ein Lkw-Fahrer, der um 22 Uhr 3,5 Promille in der Atemluft hatte und am nächsten Morgen gegen 9 Uhr weiterfahren wollte. Allen Betrunkenen wurde die Weiterfahrt untersagt und Führerschein, Fahrzeugschein und die Frachtpapiere beschlagnahmt. Dass unter den alkoholisierten Fahrern besonders viele ausländische Fahrer – vor allem aus Osteuropa – waren, sorgte dafür, dass die Großkontrollen breit auch von Sensationsmedien aufgenommen wurde. In der VerkehrsRundschau (8/2019) kritisiert Lea Metzler, stellvertretende Geschäftsführerin vom Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik, die reißerischen Berichterstattung. Die Kontrollen liefern nicht unbedingt ein realistisches Bild, sagt sie. Man müsse genauer hinsehen und sich fragen, wann die Kontrollen stattgefunden haben, wann die Fahrer planten weiterzufahren und ob die Stichprobe der kontrollierten Fahrer groß genug sei. Die Fahrer vor allem aus dem Ausland verbringen ihre Freizeit miteinander, da führe „eins zum anderen“. Sicherlich, so Lea Metzler, sei eine Heimkehrpflicht nach vier Wochen eine wichtige Möglichkeit der Ursachenbekämpfung. Und: „Natürlich ist jeder alkoholisierte Fahrer am Steuer […] einer zu viel.“ Die VerkehrsRundschau bespricht auch das Thema Alkolocks, also Wegfahrsperren, die nach einem positiven Atem-Alkoholtest aktiv werden. Viele Verkehrsexperten wie TÜV, ADAC oder der Deutsche Verkehrssicherheitsrat empfehlen Alkolocks, vor allem bei Wiederholungstätern. DVR-Sprecherin Julia Frohman sagt laut VerkehrsRundschau: „Anders als das Fahrverbot oder der Entzug der Fahrerlaubnis, hat das Programm einen erzieherischen Effekt. Das finden wir gut.“ Auch eine generelle 0,0 Promille-Grenze für Fahrer im Transportwesen wird diskutiert ebenso wie ein Absenken der Alkoholgrenze von 1,6 Promille auf 1,1 Promille. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Interessenverbands der technischen Überwachungsvereine VdTÜV hat ergeben, dass 73 Prozent der Bundesbürger ein strengeres Vorgehen gegen schwere Alkoholsünder fordern und eine solche Absenkung befürworten würden. Fahrer mit mehr als 1,1 Promille im Blut seien absolut fahruntüchtig, so der Verband. Recherchequellen: „Guten Abend, Polizei“, VerkehrsRundschau (8/2019) sowie Alkohol am Steuer - Null Promille für alle?, Polizei im Südwesten stoppt 128 Lkw-Fahrer wegen Alkohol und 1200 Lkw-Fahrer kontrolliert, 190 hatten Alkohol getrunken