„Die Zeit“ macht Straßennamenmuster sichtbar
Antje Efkes & Team | 23. März 2018

„Die Zeit“ macht Straßennamenmuster sichtbar

Wer mit offenen Augen durch die Stadt fährt und einmal aufmerksam die Straßennamenschilder liest, kann Erstaunliches entdecken: Es gibt lustige Straßennamen („An der Mettwurst“, „Beamtenlaufbahn“, „Zur Hölle“, „Tangabucht“, „Im Funkloch“), Straßennamen, die seit Jahren für Ärger sorgen („Mohrenstraße“, „Adolfstraße“, „Hindenburgstraße“), solche, die besondere Erinnerung wachrufen („Breidscheidplatz“) oder erstmal irritieren wie „A1“, „B2“ oder „C3“ in Mannheim. 450.000 unterschiedliche Namen von Straßen und Plätzen gibt es in Deutschland – das hat jetzt „Die Zeit“ herausgefunden. Die Wochenzeitung wollte wissen, ob hinter den Straßennamen ein bestimmtes Muster liegt, und hat eine einmalige Straßennamendatenbank erstellt. Grundlage ist die freie Weltkarte OpenStreetMap, in der Freiwillige Informationen zu allen Straßen weltweit sammeln. Besonders viel Spaß macht es, eine eigene Analyse zu starten und die Datenbank nach eigenen Straßen zu durchsuchen: Die „Industriestraße“, in der SPEDION liegt, gibt es zum Beispiel ganze 1.395 Mal in Deutschland. „Im Kirchleösch“, in der unsere Kommunikationsabteilung sitzt, aber nur ein einziges Mal. Überhaupt gibt es manche Straßennamen hundertfach, während andere einmalig sind. Die häufigsten Namen sind Hauptstraße (7.066), Schulstraße (5.141), Dorfstraße (5.026), Gartenstraße (4.806) und Bahnhofstraße (4.616). Bei den Straßennamen, die an berühmte Persönlichkeiten erinnern, stehen Schiller (2.215), Goethe (2.116) und Jahn (1.900) ganz oben.

Mit ihrer Analyse zeigt Die Zeit, wie sehr Straßennamen ein Spiegel von Sprache, Gesellschaft, Zeitgeist, Politik und Religion sind – „sie erzählen von fast vergessenen Künstlern und historischen Ereignissen, von alten Wirtschaftsstrukturen und Handelswegen, von prägenden Dialekten und eingewanderten Redewendungen“ – und dass jede Epoche in den Namen ihre Spuren hinterlassen hat. Während früher mehr Personenkult betrieben wurde, werden heute eher unverfängliche Namen vergeben: Bäume, Vögel, Komponisten und Dichter prägen die aktuellen Neubaugebiete. Ursprünglich sollten Straßennamen die Orientierung erleichtern: Die Deichstraße führte am Deich entlang, die Kirchgasse zur Kirche, die Leipziger Chaussee nach Leipzig. Bis heute prägen daher viele regionale Eigenheiten die Straßennamen, beispielsweise „Gässle“ im Süden, „Limes“ entlang des Limes oder „Chaussee“ im Nordosten. Straßennamen – eine ziemlich spannende Sache also!

Screenshots ZeitOnline